Lehrauftrag »Futures Studies«
Im gerade begonnenen Sommersemester werde ich an der DIPLOMA im Master Studium Design & Leadership Futures Studies unterrichten. Der Kurs startet mit einem historischen Überblick, der die Entwicklung der am Ende des zweiten Weltkriegs entstandenen Futures Studies in verschiedenen Ländern – USA, Frankreich, Deutschland – nachzeichnet und die wichtigsten Vertreter vorstellt. Danach werfen wir einen Blick auf Klassiker der Futurologie wie Alvin Tofflers Future Shock (1972) oder The Limits to Growth (Meadows et al. 1972). Im Anschluss geht es um Themen und Methoden, dabei werden insbesondere mögliche Zukünfte für verschiedene gesellschaftliche Bereiche wie Mobilität, Ernährung, Bildung etc. mit unterschiedlicher zeitlicher und räumlicher Perspektive diskutiert werden.
Future thinking is highly normative. This means that concepts in Futures Studies can only be seen in a historical perspective.
Denken über die Zukunft, das ist dem zweiten Zitat der Futurologin Eleonora Barbieri Masini (1928–2022) zu entnehmen (Masini 1992, S. 22), kann eigentlich nicht anders als ideologiekritisch sein (in der Praxis sieht es anders aus); zu fragen ist, wer welche Zukunft für wen auf welcher Grundlage und mit welchem Interesse entwirft. Aus diesem Grund scheint es naheliegend, Futures Studies mit dem Ansatz der Kritischen Theorie zu verbinden – worauf auch Biographien wie die von Ossip K. Flechtheim (1909–1998) hinweisen, der zu den Begründern der Futurologie zählt und als Assistent an Max Horkheimers Institute of Social Research in den USA arbeitete. Wenn die Futurologie nicht bloß datenbasierte Entwürfe als Fortschreibung der herrschenden Zustände liefern will, die sich nur in ihren technologischen Mitteln von der Vergangenheit unterscheiden, sondern auf die Veränderung bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse in möglichen Zukünften abzielt, dann ist der Anschluss an die Kritische Theorie nur konsequent. Futures Studies sind, wenn sie nicht zu einer Industrieveranstaltung herabsinken wollen, wünschenswert Critical Futures Studies (Richard Slaughter). Allein die Existenz der Zukünfteforschung verdankt sich, angesichts einer im Laufe der Moderne immer katastrophalere Ausmaße annehmenden Zerstörung des Planeten, der Hoffnung auf eine friedlichere, gerechtere und vor allem lebenswerte Welt, zu der die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Respekt vor dem Leben überhaupt gehört. Zu den Zielen der Lehrveranstaltung gehört es daher, neben dem Möglichkeitssinn auch das kritische und ökologische Denken zu stärken.
»Futures studies is the systematic study of possible, probable and preferable futures.«
Eleonora Barbieri Masini